Vereinschronik

Vorläufige Zusammenfassung von HANS ROCHOL

Die Geschichte des Oelder Heimatvereins beginnt offiziell 1936, doch schon vorher hat es Bestrebungen gegeben, der Oelder Historie auf die Schliche zu kommen. Die „Glocke“, die seit 1880 in Oelde erscheint, hat so machen Artikel mit überlieferten Angaben und geschichtsträchtigem Hintergrund veröffentlicht. 1908 hat Jacob Bäcker in der „Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde“ unter dem Titel „Der Pingstenkranz“ erstmals schriftlich auf das Oelder Brauchtum hingewiesen. Während der Zeit des Ersten Weltkriegs erschien, herausgegeben von Rektor August Fockenbrock, die Zeitschrift „Der Oelder Bote“ mit vielen historischen Hinweisen und Mitteilungen.
Seit dem 29. Mai 1922 gab es des Weiteren eine lockere Arbeitsgemeinschaft Oelder Heimatfreunde, die sich unter dem Vorsitz von Amtsgerichtsrat Hermann Hövel zur „Vereinigung für Ortsgeschichte und Heimatkunde für Oelde und Umgebung“ zusammengeschlossen hatte, kurz „Heimatbund Oelde“ genannt. Mit Hermann Hövel gehörten Amtsoberinspektor Jakob Bäcker, Dr. med. Wilhelm Dahms, Amtsbürgermeister Hermann Johenning, Katasterdirektor Josef Kahle, Justizinspektor Wilhelm Meintrup, Studienassessor Christoph Rose und Rechtsanwalt Fritz Westenhorst der Achter-Gruppe an. Bäcker, Hövel und Rose haben sich durch die Sammlung heimatgeschichtlicher Nachrichten und Flurbezeichnungen, Dr. W. Dahms durch die Erforschung der Oelder Pflanzenwelt und H. Johenning durch die Schaffung des Oelder Stadtparks und das Anlegen von Wanderwegen („Hermannsweg“ nach Stromberg) verdient gemacht.
Der 15. Juni 1936 zog ins Land. An einem Montag in unseliger Zeit wurde der Heimatverein Oelde gegründet. Die Vorgeschichte: Anfang 1936 beauftragte der Sauerländische Gebirgsverein sein Mitglied Oberpostmeister August Cappenberg mit der Gründung einer Ortsgruppe in Oelde. Nach Besprechung mit Amtsbürgermeister Johenning sah man jedoch von diesem Plan ab und beschloss, die erwähnte Arbeitsgemeinschaft in einen Heimatverein umzuwandeln, dessen Leitung Cappenberg übernehmen sollte. Mit Schreiben vom 22. Mai 1936 „ernannte“ der Westfälische Heimatbund (WHB) mit Einverständnis der Gauleitung der NSDAP – man lebte damals unter dem „Führerprinzip“ des Dritten Reiches – August Cappenberg zum Leiter des Heimatvereins, zu dessen Gründung er unverzüglich schritt. In der Gründungsversammlung am 15. Juni 1936 im Gasthof „Zur Krone“ an der Langen Straße erklärten sich die bisherigen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Heimatbund Oelde“ zur Mitarbeit im neuen Heimatverein bereit.
Der junge Verein entwickelte sogleich eine vielseitige, umfangreiche Tätigkeit. Er veranstaltete Besichtigungen, Wanderungen in die nähere und Wanderfahrten in die weitere Umgebung, um den Mitgliedern die westfälische Heimat zu erschließen. Diesem Zweck dienten auch Vorträge, teils mit Lichtbildern, die einheimische und auswärtige Heimatfreunde in Oelde hielten. Der Verein beteiligte sich von Anfang an am Westfalentag und anderen überörtlichen Arbeitstagungen.
Stets hat der Verein sich um die Erhaltung und Pflege alter Bräuche, insbesondere des Oelder Pfingstenkranzspiels bemüht. Unter dem Titel „Der Pingstenkranz“ hat Jakob Bäcker 1908 in der „Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde“ (5. Jahrgang, 1908, Zweites Heft, Seiten 105-111) auf das Oelder Brauchtum hingewiesen. Der Verein kümmerte sich schon 1937 um den Druck von Liederheften, die er unentgeltlich an die Schulkinder ausgab. 1950 hat Christoph Rose das Pfingstenkranz-Liederheft erneuert, zusätzlich um Volkslieder erweitert und mit einer Geschichte der Stadt Oelde ausgestattet. 1986 erarbeitete Hans Rochol für den Heimatverein ein Pfingstenkranz-Heft, das erstmals mit den Noten der Pfingstenkranz-Lieder erschien. Dieses  vorweg.
Einen harten Einschnitt in das Vereinsleben bewirkte der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Die Verbindung mit den einberufenen Mitgliedern wurde durch Briefe und heimatkundliche Schriften aufrechterhalten. Das Vereinsleben ging mit Vorträgen und Wanderungen – bei inzwischen 158 Mitgliedern – weiter. Von März bis Mai 1941 wurden Stadtbegehungen vorgenommen, über die Verleger und Chefredakteur Joseph Holterdorf in der „Glocke“ ausführlich und informativ berichtet hat. Am 14. Februar 1943 fand zum 80. Geburtstag des Dichters noch ein gut besuchter Wibbelt-Abend statt. Im April 1943 musste der Verein seine Tätigkeit jedoch einstellen, nachdem der Westfälische Heimatbund (WHB) dem NS-Volkskulturwerk angeschlossen worden war.
Nachdem die britische Besatzungsmacht den Verein wieder zuglassen hatte, begann 1947 erneut das Vereinsleben mit vollem Einsatz. Selbstverständlich wurden der Vorsitzende und die übrigen Vorstands- und Beiratsmitglieder fortan von der Mitgliederversammlung gewählt, wenn auch die nach dem Führerprinzip ausgerichtete Satzung einstweilen noch bestehen blieb. Sie wurde erst durch eine neue Satzung vom 6. Mai 1969 ersetzt. Der Heimatverein wurde daraufhin am 10. Oktober 1969 in das Vereinsregister eingetragen.
Erster Vorsitzender blieb bis 1956, also 20 Jahre lang, August Cappenberg. Sein Nachfolger wurde am 21. März 1956 Rektor Ludwig Gruß, der das Amt aber wegen beruflicher Überlastung nach einem Jahr an Oberlandesgerichtsrat Albert Pauls abgab. Dessen Nachfolge übernahm nach 26 Jahren am 17. Februar 1983 Hans Rochol, dessen Vater, der Apotheker Ernst Rochol, schon früh im Verein tatkräftig mitgearbeitet hat. Dem Vereinsgründer und langjährigen Vorsitzenden August Cappenberg wurde zum 80. Geburtstag wegen seiner Verdienste um die Heimat das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Der Heimatverein hat sich stets um gute Zusammenarbeit mit der Stadt bemüht. Die vom Verein erstrebte Entsendung von Mitgliedern in städtische Ausschüsse blieb ihm jedoch zunächst versagt. Später aber war er lange Jahre durch seinen Vorsitzenden Albert Pauls im Kulturausschuss und im Ausschuss für Spielplätze und Wanderwege sowie durch sein Beiratsmitglied Rektor Gruß im Stadt-park- und Grünausschuss vertreten, in dem dieser sich sehr für die vom Verein geforderte Baum-schutzsatzung eingesetzt hat. Hans Rochol wurde Mitglied im Kulturausschuss.
Nach Erlass des Denkmalschutzgesetzes im Land Nordrhein-Westfalen hat sich der Heimatverein auf diesem Gebiet noch stärker engagiert, hatte er sich im Übrigen doch schon lange die Erhaltung von Baudenkmälern, Wegkreuzen und Bildstöcken angelegen sein lassen. Er kann auch praktische Erfolge durch die Erhaltung von Kramers Mühle und Haus Geist, die Restaurierung eines der ältesten Bürgerhäuser in Oelde, „Rämmelken“ (Geiststraße 5), und die von ihm veranlasste Restaurierung von zwei Barockkreuzen im Geisterholz sowie durch seine Initiativen zur Erhaltung des Schwesternheims in Stromberg und des alten Pastorats in Oelde aufweisen. Schon 1958 hat sein langjähriges Beiratsmitglied Rektor Willy Krefeld Bildstöcke und Wegekreuze durch Farbdias und Beschreibung erfasst. Vornehmlich hielt er das alte Oelde im Bild fest und zeigte es in stets gut besuchten Veranstaltungen seinem Publikum. Seine Sammlung befindet sich heute im Archiv des Heimatvereins.
Nicht abzusehen ist die Zahl der Vorträge auf allen einschlägigen Gebieten, die der Heimatverein im Laufe der ersten fünf Jahrzehnte der Oelder Bevölkerung geboten hat. Diese Tätigkeit war besonders wichtig in der Zeit, als es weder die Volkshochschule noch das Kath. Volksbildungswerk gab und kein anderer Verein oder keine andere Stelle Vorträge allgemeinbildender Art anbot. Einheimische Heimatfreunde und auswärtige Sachkenner kamen zu Wort, sei es auf dem Gebiet der Heimatgeschichte, der heimatlichen Kunst und Kulturgeschichte, des Naturschutzes – jetzt gemeinhin Umweltschutz genannt -, der Denkmalpflege, der Darstellung sehenswerter Gegenden und Länder. Hier seien Eduard von Pagenhardt, ein bekannter Fotograf und Filmemacher, der häufig mit seinen erlesenen Bildern zu Gast war, sowie Walter Frentz genannt, der seit 1947 fast jedes Jahr als vorzüglicher Fotograf und temperamentvoller Redner die Oelder begeistert hat, inzwischen jedoch wegen seiner Nähe zur NSDAP sehr kritisch gesehen wird.
Getreu seiner Satzung hat sich der Verein schon seit Jahrzehnten der Pflege und Erhaltung der plattdeutschen Sprache angenommen. Viele plattdeutsche Abende, von sachkundigen Rezitatoren veranstaltet, bestätigen dies. Seit 1965 erstrebte der Verein die Gründung eines Plattdöütsken Krinks, um dessen Zustandekommen sich Beiratsmitglied Josef Wittelmann bemühen wollte. Am 29. November 1968 kam es zur Gründung des Krinks, der sich unter seinem Baas J. Wittelmann bald zu einer ansehnlichen Vereinigung entwickelte, deren Vorsitz nach Josef Wittelmanns frühem Tod Marita Dahmen, Albert Kathöfer und Josef Freitag antraten. Der Krink ist allerdings nie, wie es sinnvoll gewesen wäre, integrativer Bestandteil des Heimatvereins geworden. Andererseits darf nicht unerwähnt bleiben, dass sich Marita Dahmen als Krink-Vorsitzende auch im Heimatverein um das Plattdeutsche sehr verdient gemacht hat.
So ist zu konstatieren, dass sich der Heimatverein immer wieder der plattdeutschen Sprache angenommen hat. Dem Plattdeutschen und zugleich altem religiösen Brauchtum dienten Erntedankgottesdienste, die Hans Rochol mit seinen Helfern im Vorstand und Beirat, insbesondere dem rührigen Heinrich Große-Berkenbusch, gleichzeitig Küster an St. Johannes, inszenierte. Hier sind auch die beliebten jährlichen Gastspiele der Niederdeutschen Bühne Münster in Oelde zu erwähnen. In späteren Jahren haben Oelder Heimatfreunde oftmals die Vorstellungen der Niederdeutschen Bühne in Münster besucht.
Um die Erkundung und Zeichnung von Wanderwegen sowie früher auch um die Aufstellung und Erhaltung von Ruhebänken hat sich der Heimatverein von Anfang an bemüht. Seiner Anregung verdankt die Oelder Bevölkerung manchen Spazier- und Wanderweg. Dank der umfangreichen Wegebautätigkeit der Stadt und des 1969 gegründeten Zweckverbandes „Wandergebiet Hoher Hagen-Vellerner Brook“, der 1972 das Geisterholz in seine Betreuung einbezogen hat, verfügt Oelde über ein ansehnliches Wanderwegenetz. Zu seiner besseren Nutzung stellten Stadt und Verein unter sachkundiger Hilfe von Franz Baum 1979 die vorzügliche „Wanderkarte der Stadt Oelde“ her.
Am meisten geschätzt unter den Veranstaltungen des Heimatvereins waren wohl die Wanderungen, Pättkesfahrten, Spaziergänge und die Besichtigungs- und Wanderfahrten in die weitere Umgebung, die oft auch kunst- und kulturhistorische Begegnungen vermittelten. Zu erwähnen sind beispielsweise der Ausflug nach Corvey mit der Ausstellung „Kunst und Kultur im Weserraum“ und nach Marienmünster, Museumsfahrten, Burgenfahrten, Fahrten ins Sauerland und ins Westmünsterland, eine zweitägige Fahrt ins Weserbergland mit Übernachtung im schönen Hannoversch-Münden und Besuche der westfälischen Freilichtmuseen. Die Wanderungen hatten stets gute Beteiligung. Häufig fanden sie unter Führung von August Cappenberg statt, später unter Gerhard Heiringhoff, viele Jahren lang unter dem orts- und wegekundigen Wanderwart Anton Lütkemöller, dann ab 1994 an die 30 Jahre lang unter qualifizierter und kenntnisreicher Leitung von Heinz Deppe. Bei jedem Wetter marschierte die Truppe los, alle zwei Wochen am Samstagnachmittag oder sonntags, wenn es etwas weiter sein durfte. Diese Leistung ist wahrlich einmalig.
Zwischendurch hat es zusätzlich „Pättkesfahrten“ per Fahrrad gegeben sowie Donnerstag-Spaziergänge, insbesondere für Ältere gedacht. Nicht zu vergessen sind die Fahrten, die der Verein seit 1977 in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule unter Leitung von Rektor Gruß veranstaltet hat, meist Halbtagsfahrten mit kunst- und kulturhistorischem Hintergrund.
Die Zusammenarbeit mit den heimatvertriebenen Neubürgern hat der Heimatverein zeitig gesucht, so 1948 durch einen Lichtbildervortrag von Professor Perlick „Die schöne schlesische Heimat“, durch eine gemeinsame Veranstaltung mit der Landsmannschaft Schlesien 1955, durch einen Eichendorff-Abend 1957 und durch einen erfolgreich verlaufenen Heimatabend mit den Spätaussiedlern der Oelder Friedland-Siedlung 1973.
Im Laufe der Jahrzehnte hat der Verein einen größeren Bestand an heimat- und kunstgeschichtlichen Büchern sowie an plattdeutscher Literatur angesammelt. Nachdem die Stadt nach dem Rathausneubau dem Verein dankenswerterweise einen großen, Raum im Rathauskeller zur Verfügung stellen konnte, hat er seine Bücherei dort untergebracht.
Im Mai 1982 hat Albert Pauls nach längeren Vorarbeiten den Bildband „Oelde in alten Ansichten“ – mit historischen Anmerkungen – herausgeben. Nachdem Landwirtschaftsdirektor a.D. Heinrich Lesting auf Veranlassung des Kreisgeschichtsvereins Beckum-Warendorf die Bearbeitung der Auf-zeichnungen von Xaver Westhoff übernommen hatte – inzwischen sind sie zu Ostern 1984 unter dem Titel „Geschichte der Höfe und Familien in Stadt und Kirchspiel Oelde“ überarbeitet und ergänzt, erschienen -, hat sich auf Initiative von Stadtdirektor Dr. Friedrich Schmänk ein Kreis von heimatgeschichtlich Interessierten – meist Mitglieder des Heimatvereins – zusammengefunden, eine Geschichte der Stadt Oelde herauszugeben. Sie erschien 1987.
Der Heimatverein hat stets erfolgreich mit der 1958 gegründeten Städtischen Volkshochschule zu-sammengearbeitet. Im selben Jahre beteiligte er sich an der Gründung des Kreisheimatvereins. In seinem Rahmen hat er an der Gründung des Kreisjugendmusikwerks, der Schaffung des Heimatlesebuchs, wozu besonders Rektor Gruß beigetragen hat, der Herausgabe und dem Vertrieb des Kreisheimatkalenders, dessen Redaktion sein Beitragsmitglied Dr. Ulrich Gehre 1967 übernommen hat, und der Gründung des Museums Abtei Liesborn mitgewirkt. Dem Kuratorium des Museums hat der frühere Vorsitzende A. Pauls 15 Jahre angehört. Später gehörte Hans Rochol als Mitglied des Kreistags dem Museums-Ausschuss an.
Erwähnung verdienen noch einige besondere Ereignisse in der Geschichte des Vereins: Seine tatkräftige Beteiligung an der von seinem langjährigen Beiratsmitglied Heinz Drüke – er war 20 Jahre Kreisnaturschutzbeauftragter im Altkreis Beckum – angeregten, vom Kreisheimatverein veranstalteten Umweltschutzwoche im März 1972, die der damalige Bundesinnenminister Genscher in Oelde eröffnet und die im gesamten Bundesgebiet Beachtung gefunden hat, ferner die August-Euler-Woche, die die Lufthansa, die Stadt Oelde und der Heimatverein vom I9. bis 24. November 1968 anlässlich des 100. Geburtstages des in Keitlinghausen geborenen Flugpioniers auf Anregung des Vereins durchgeführt haben, und schließlich die Mitgliederversammlung des Westfälischen Heimat-Bundes (WHB) in Oelde anlässlich des vierzigjährigen Bestehens des Heimatvereins am 8. Juni 1976; dazu waren etwa 400 Teilnehmer aus ganz Westfalen erschienen, die von der Stadt Oelde zum Mittagessen eingeladen wurden. Der Heimatverein hatte mehrere Exkursionen für den Nachmittag vorbereitet.
Aufgrund seiner Verdienste erhielt Oberlandesgerichtsrat Albert Pauls 1987 auf Antrag des Heimatvereins das Bundesverdienstkreuz. Ebenfalls entsprechend ausgezeichnet und geehrt wurde Josef Fechtler für seine vielfältigen Bemühungen um das öffentlich Wohl, das Pfingstenkranz-Brauchtum sowie um Kinderspielplätze. Schließlich nahm auch Heinrich Große-Berkenbusch für seinen unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz das Bundesverdienstkreuz entgegen.
2. Teil
Als großer Naturfreund, der sich bei Bäumen, Sträuchern und Pflanzen bestens auskannte, hat sich der Apotheker Ernst Rochol (1887-1961) einen Namen gemacht. Er streifte nahezu täglich durch Feld und Wald, botanisierte viel und legte Herbarien (Pflanzensammlung) an. Er kannte jede Orchidee in Oelde, verriet aber keinem den Standort und ärgerte sich als großer Naturfreund stets, wenn etwa Spatzen abgeschossen wurden oder Wallhecken verschwanden. Seinen Sohn nahm er in jungen Jahren abends bereits mit zu Veranstaltungen des Heimatvereins, die oft im alten ev. Gemendehaus stattfanden. So bekam der Junge früh Oelder Wind zu schnuppern. Interessiert an Geschichte hat der sich wiederum, begünstigt durch seine Tätigkeit als Redakteur, in die Oelder Historie eingearbeitet. Kein Wunder, dass Hans Rochol 1973 mit 32 Jahren 2. und 1983 mit 42 Jahren 1. Vorsitzender des Oelder Heimatvereins wurde. Niemand wollte den Posten zu dem Zeitpunkt übernehmen.
Höhepunkt in der Amtszeit des 4. Vorsitzenden wurde zwischen 1993 und 1997 unzweifelhaft das Projekt Heimathaus am Lehmwall. Für dessen bauliche Verwirklichung sorgten tatkräftig neben Mitgliedern, Vorstand, städtischer Bauverwaltung, Förderern und Spendern die Handwerkergruppe des Heimatvereins unter Leitung von Heinrich Große-Berkenbusch und August Schellert. Im Nachgang wurde 2019 auf Anregung von Hans Brieler der älteste Oelder Stadtplan von 1830 auf der Nordseite des Heimathauses sichtbar gemacht.
Die Errichtung des Heimathauses war Anfang der 1990er Jahren umso wünschenswerter geworden, weil der Rathauskeller nicht mehr zur Verfügung stand. Der Wunsch ging in Erfüllung. Was passierte, wurde 2001 unter der Überschrift „Lehmwall 7 – Die gute Adresse“ in der bis heute gerne gelesenen Broschüre „Oelde im Wandel der Zeit“ umfassend publiziert und ist auf diesem Internetauftritt im Kapitel über das Heimathaus leicht gekürzt und ergänzt nachzulesen. 
Wieviel Einsatz und ehrenamtliche Tätigkeit indes notwendig war, sei hier schon mal kurz angedeutet: »Erbaut 1842 als Haus der kleinen Leute. – Erweitert 1905. – Vorbereitungen ab 1992.- Erneuert 1995-1997 zum Heimathaus. – Eingeweiht am 27. Oktober 1997. – Die Stadt hat dem Heimatverein ein Haus „geschenkt“ – und „Schmieröl“ dazu. Heimatfreunde legten Hand an und formten das Haus mit dem Garten – vor allem die tüchtigen Bauleute des Heimatvereins. Entwurf: Architekturbüro Schnieder und Erdmann. Großzügig hat die NRW-Stiftung für Naturschutz, Heimat und Kulturpflege das Projekt unterstützt. Der Vorstand und viele Förderer haben angefasst in Rat und Tat.«
Die Amtszeit des vierten Vorsitzenden begann 1983 mit der Verlegung des Pfingstenkranz-Brauchtums aus dem Stadtzentrum in ruhigere Gefilde. Weil der Marktplatz noch nicht verkehrsbe-ruhigt war und die Organisation der Brauchtumsfeier verkehrsbedingt Schwierigkeiten bereitete, sorgte der Heimatverein dafür, dass die Pfingstenkranz-Spiele auf den Parkplatz am Paulusheim umzogen. Seit 1985 wurden sie auf Vorschlag von Pfarrer Helmut Hortmann hin von katholischen, evangelischen und orthodoxen Christen ökumenisch getragen, sind allerdings inzwischen ans Bonhoefferhaus gewandert.
Neben der Ausrichtung auf die Natur hat der Heimatverein seit 1983 sein Augenmerk verstärkt auf die Kultur gerichtet. Dazu zählt umso mehr die Beschäftigung mit Geschichte, Musik, Kunst, Literatur, Brauchtum usw. So fanden viele Jahre lang am 28. Dezember, verbunden mit jeweils einem Vortrag, Weihnachtsliedersingen statt. Bis an die 150 Heimatfreunde fanden sich anfangs dazu ein. Des Weiteren hat der Heimatverein, zumeist in Verbindung mit der Kulturdirektion Dr. Löher, Konzerte organisiert. Mozarts Credo-Messe stand auf dem Programm. In der Kapelle Möhler, im Heimathaus Lette, auf dem Hof Erdland und in Stromberger Räumen werden kammermusikalische Konzerte junger Musiker präsentiert. Besondere Beachtung fanden obendrein Orgelkonzerte in St. Johannes mit Prof. Mag. Dr. h.c. Karen De Pastel, der befreundeten Organistin des Stiftes Lilienfeld in Niederösterreich sowie Professorin an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.
Das Sammeln von regionalen und lokalen Materialien und Kunstwerken ist selbstverständlich eine weitere kulturelle Aufgabe für die Oelder Heimatfreunde. Es geht u.a. um Oelder Schriften und Westfalen-Literatur, aber auch um das Notenmaterial von Arnold Menne, August Klein und Heribert Friedrich Klein sowie Heinrich Wonnemann. Kunstwerke von Heinrich Lückenkötter (Silberhochzeits-Kreuz, Marienstatue, Wächter des Hauses) gehören dazu, ebenso von Leo Neumann (Apokalypse-Scherenschnitte, St. Joseph Heiligenfigur, Skulptur im Freisitz), Antonius Höckelmann (u.a. Kindheitszeichnung), Regina Liekenbrock (Stele am Heimathaus) und von Rudolf Elpel (Zeichnungen). Dass der Heimatverein Denkmalschutz-Projekte begleitet und unterstützt, ist selbstverständlich, zum Beispiel Haus Geist, das Rämmelken, die Overbergschule und das Schwesternheim bzw. Pfarrhaus in Stromberg.
Um die Sammlungen zu präsentieren, gab es Ausstellungen, zumeist im Heimathaus. Anneliese Berstes Puppen wurden vorgestellt, jüdisches Leben auf lokalem Hintergrund und die Zeichnungen von Rudolf Elpel waren zu sehen. Das Leben des in Oelde geborenen Flugpioniers August Euler fand viel Interesse. Hinten in der Johanneskirche war 1994 Turm-Geschichte zu erleben; die Entstehung des Oelder Wahrzeichens wurde dokumentiert.
Arnold Menne (1880-1953) war in Oelde Lehrer, Organist, Dirigent, Heimatfreund – und er schrieb kleine Stücke für das Volkstheater. Zwei seiner Werke führte der Oelder Heimatverein auf. Der plattdeutsche Schwank „Wie Kasper to ’ne Frau kamm“ erlebte 2011 seine Uraufführung. Und die hochdeutsche Komödi „Der Kupferschmied vor Gericht“ wurde 2011 nach 2008 noch einmal ins Programm genommen. Mit letzterem Stück wurde dem legendären „Oelder Wind“ die Ehre erwiesen, der sich 1908 ausgerechnet in der Fastenzeit des Nachts in Gestalt eines Kupferschmieds vor dem „Hotel zur Krone“ unter dem Motto „Fahrlässiger Furz mit Folgen“ hopsend, gebückt wie gesprungen, entwindet und dazu allzu laut schamlos gepfiffen hatte. Dabei hätten Fenchel, Kümmel, Anis und Zimt dieserart Flatulenz im schlimmsten Fall vermindern können.
Übrigens, Zimt schmeckt auch auf „Püfferchen“ lecker. Deshalb geht es im Heimathaus am Karfreitag oder auch sonst bisweilen in der Fastenzeit lecker zu. Denn der Heimatverein hat den alten Brauch der Struwen-Zubereitung neu entdeckt und serviert gerne heiß begehrte „Püfferchen“ nach Münsterländer Art, auch um die Püfferkes als Fastenspeise sattsam in Erinnerung zu behalten.
Als der Heimatverein 50 Jahre alt wurde, gestaltete der Verein 1986 das Jubiläum samt Festmesse und Chor in St. Johannes sowie Feier im Ratssaal mit Feuerwehr-Blasorchester, Cappella Joannea und Pfingstenkranz ausnahmsweise mal im November. Aus dem Brauchtums-Bereich hervorzuheben ist das Jahr 1990, als Oelde 1100-jähriges Bestehen feierte. Feldarbeiten wurden nach alter Väter Sitte erledigt; die Heimatfreunde banden eine Erntekrone, und als Tüpfelchen auf dem „i“ fand in der Innenstadt ein großer Handwerker- und Bauernmarkt statt. Professor Angenendt (Münster) hielt die Fest-Ansprache.
Vorträge, u.a. von Prof. Dr. Wendelin Knoch (Hattingen) über Hildegard von BIngen, Prof. Dr. Paul Leidinger (Warendorf) über Karl den Großen und die Entstehung der heimischen Pfarreien, Rainer Schepper (Münster) über Augustin Wibbelt, Dr. Ulrich Gehre über Wilhelm Busch, Gregor Lieckenbröcker über Eisenbahn und Autobahn sowie Reiner Suermann u.a., bereicherten die Themenpalette. Mit Hilfe der Vorträge von Rainer Schepper wurde über Jahre die plattdeutsche Sprache gepflegt. Auch Vorsitzender Hans Rochol selbst hat so manches regionale Thema in Bild und Wort beleuchtet.
Heimatkunde-Unterricht für Schulklassen stehen im Angebot; Schüler bauten ihr Eisenbahn-Projekt im Heimathaus auf. Wöchentlich wurden Sprechstunden angeboten; Oelder Firmen und Betriebe galt das Interesse. Führungen auf Kupferschmiedespuren, in der Johanneskirche samt Sakristei, auf Friedhöfen stehen im Angebot. Wanderungen und Besichtigungsfahrten in und um Oelde sowie in der näheren Umgebung und Westfalen gehören von jeher zum Vereinsprogramm, insbesondere jährlich Besuche bei den Westfalentagen.
Aber auch in die weite Welt von Natur und Kultur führte der Weg die Heimatfreunde. 18 Reisen wurden seit 1986 absolviert, dreimal nach Türnitz sowie zehnmal nach Annaberg (beide Orte in Niederösterreich nahe Wien), einmal an den Klopeiner See nach Kärnten, jeweils unter der Leitung von Hans Rochol. Viermal ging es unter der fachkundigen Leitung von Prof. Dr. Knoch nach Italien, zweimal nach Rom, je einmal nach Florenz und Assisi sowie nach Sizilien. Auch die Umgebung, insbesondere der Kreis Warendorf, wurde in Augenschein genommen, vorgestellt vom Landrat persönlich, war Josef Predeick doch Mitglied des Oelder Heimatvereins. Mit ihm persönlich besuchten die Heimatfreunde beispielsweise die Hengstparade in Warendorf.
Oelder Heimatfreunde sind wiederholt als Autoren hervorgetreten. Interessante Beiträge stammen aus ihrer Feder. Vier Broschüren liegen vor. „Oelde gestern und heute“ wird 1986 von Hans Rochol in unterschiedlichen Kapiteln veranschaulicht; Bernhard Lütkemöller beleuchtet die Zeit „Oelde 1933-1944 – Erinnerungen an Erlebtes und Erzähltes“. Hans Rochol verfasste 1990 unter dem Titel „Spuren“ einen ausführlichen Führer durch St. Johannes, der jedoch aufgrund zahlreicher Veränderungen überholungsbedürftig wurde. An seine Stelle trat der offizielle Kirchenführer „St. Johannes und Columba Oelde“ von 2008, allerdings abgespeckt. Aus dem Jahr 1986 stammt das Heft „Der Pfingstenkranz ein Fest“. Lesenswert dazu ist zu dem Thema der Aufsatz über das Lied „Guter Freund, ich frage dir“ in „an ems und lippe – Heimatkalender für den Kreis Warendorf“ (1989). Des Weiteren liegt von Hans Rochol aus 1994 in Druckschrift eine längere Abhandlung über den St.-Johannes-Turm vor. Schließlich präsentierten verschiedene Autoren 2001 unter der Federführung von Hans Rochol die Broschüre „Oelde im Wandel der Zeit“, die Personen und bedeutsame Ereignisse verhältnismäßig zeitlos beschreibt und weiterhin en vogue ist.
Vier Vorsitzende hat der Oelder Heimatverein e.V. seit 1936 „verschlissen“. August Cappenberg hat 20 Jahre amtiert, und Ludwig Gruß war ein Jahr Vorsitzender des Vereins. Albert Pauls, der 1986 im Kreisheimatkalender einen umfassenden Rückblick über die erste Hälfte der Vereinsgeschichte publiziert, leitete den Verein 27 Jahre. Seit 1983 stand Hans Rochol 40 Jahre lang an der Spitze des Oelder Heimatvereins. Er hat den zweiten Teil der Vereinsgeschichte verfasst. 2023 übernahm Gregor Lieckenbröcker als Fünfter im Bunde den Vorsitz im Heimatverein. Ad multos annos!

ENDE